Auch in der Philosophiegeschichte geht es nicht immer sonderlich gerecht zu, wie zahllose Beispiel von Über- und Unterschätzung, radikaler Neubewertung und Verfall beweisen. Ein besonders eklatantes Beispiel für die Freiheit philosophischer Fortune — im Erfolg zugleich wie im Scheitern — bietet uns Karl Christian Friedrich Krause (1781–1832). Heute beinahe völlig vergessen, war er zwar gewiss kein neuer Platon oder Kant, wurde aber früher immerhin nicht grundlos neben Fichte, Schelling, Hegel zur ersten Garde des deutschen Idealismus gezählt. Zudem regte er über die Vermittlung seiner Schüler in Spanien die sozial-kulturelle Strömung des Krausismo an; Krauses Einfluss wirkt zwar eher indirekt und sachte, da aber der Krausismo nicht nur gewiss ohne Krause ganz anders ausgesehen hätte, sondern zudem von kaum zu überschätzender Bedeutung für die literarische, bildungspolitische und somit soziale Entwicklung des modernen Spanien wurde, darf der lebenslang deprimierend erfolglose Krause paradoxerweise doch zu den einflussreichsten Denkern überhaupt gezählt werden.
In der zweiten Ausgabe des Denkzettels (November 2002) konnte ich einen kleinen Essay unterbringen, worin ich neben einer interpretierenden Darstellung von Krauses Lebensgestaltung und Grundgedanken auch eine erste Skizze meiner Deutung des Verhältnisses von Krause und Krausismo versuche, zunächst auf essayistischem Niveau; im engeren Sinne wissenschaftliche Untersuchungen ebendazu werden andersweitig folgen.
Online werde ich vielleicht gelegentlich noch mehr über Krause zu bieten haben, für heute immerhin schon einmal eine kleine
Zeittafel zu Krauses Leben und Werk (mit Bildern),
zuletzt geändert Sonntag, 8. xii. 2002.
Krause pflegte seine metaphysischen Schriften mit bizarren grafischen Darstellungen zu illustrieren;
die Diagramme auf dieser Seite zeigen zwei Beispiele aus seiner Lebenlehre.
